Samstag, 7. November 2009

Eine Frage des Honorars

Hin und wieder google ich die Begriffe Autobiografie, Biografie, Biografie schreiben ..., um zu schauen, was die Kolleginnen und Kollegen so treiben. Heute stolperte ich über ein Angebot, das mich wirklich sprachlos macht. Da bietet ein Anbieter aus meiner alten Heimat eine Biografie im Umfang von 80 bis 100 Seiten zum Komplettpreis von 950 Euro an. Inklusive 25 Fotos. Inklusive drei Buchexemplaren im Format 20,5 cm x 20,5 cm, auf hochwertigem Papier gedruckt mit Hardcover-Einband und auch noch im Schuber.
Mein Honorar für eine Auftragsbiografie mit einem Umfang von 100 Seiten beträgt 7500 Euro. Macht also eine Differenz von 6.550 Euro. Da frage ich mich sofort: Wie kommen die Kollegen zu ihrem Preis?
Wie ich zu meinem komme, erkläre ich gerne. Vorweg: Von den 7.500 Euro, die ich meinem Kunden berechnet, muss zunächst die Mehrwertsteuer abgezogen werden – zum Glück beträgt sie bei einer Buchproduktion nur 7 %. Bleiben 7000 Euro. Gestaltung und Produktion von fünf Büchern, die in meinen Preisen stets enthalten sind, kosten rd. 800 Euro. Bleiben als Honorar für mich 6.200 Euro.
Für 100 Seiten Text führe ich als Grundlage rund 10 Stunden Interviews mit dem Auftraggeber. Für die Transkription der Interviews und das Schreiben einer ersten Manuskriptfassung benötige ich im Schnitt 70 Stunden. Ergänzende Interviews (4 Stunden) und Textüberarbeitung (25 Stunden) kommen hinzu. Zum Schluss bleibt noch die Produktionsüberwachung, Endkorrektur und Abnahme (12 Stunden). Summa summarum kommen 121 Arbeitsstunden zusammen. Mein Honorar pro Stunde beträgt – Taschenrechner raus - 51,24 Euro und liegt damit unter dem Stundenlohn eines KFZ-Mechanikers – vom Schlüsseldienst, den ich vor Monaten brauchte, als ich mich ausgesperrt hatte, gar nicht zu reden.
Gehe ich davon aus, dass der Kollege aus der schönen Universitätsstadt in Westfalen die gleiche Stundenzahl benötigt, ist ihm seine eigene Arbeitsstunde lediglich 7,85 Euro wert.

Die ganze Rechnerei hätte ich mir sparen können, wenn ich mir gleich die auf der Website veröffentlichten Referenztexte angesehen hätte. Die Kollegen drucken in ihren Büchern augenscheinlich die weitgehend unbearbeiteten Interviewtranskripte ab – ohne nennenswerte Überarbeitung und zudem noch voller orthografischer Fehler. In dem Fall kann man also sagen: So ein Text ist auch nicht mehr wert als 950 Euro.
Am liebsten würde ich einfach einen Link auf die entsprechende Seite dieses Biografiedienstes setzen. Aber ich lasse es lieber. Nicht, um die Kollegen zu schützen, sondern weil es zu peinlich für unsere ganze Branche wäre.

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Ich arbeite als Biograf und Autor am Bodensee. Weitere Informationen finden Sie auf meiner Internetseite

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